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AMATIN AG, 2020

Verträge und Höhere Gewalt (force majeure)

Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht alle Eventualitäten bei der Erstellung eines Vertrags vorhergesehen werden können. Insbesondere trifft dies auf Ereignisse zu, die durch höhere Gewalt (force majeur) ausgelöst werden und ausserhalb der (unmittelbaren) menschlichen Einflusssphäre liegen. Dazu zählen z.B. Naturkatastrophen wie Erdbeben, Erdrutsche, Vulkanausbrüche oder Pandemien. Wie beeinflussen solche Geschehnisse bestehende Vertragsbeziehungen? 

Höhere Gewalt kann einen Grund darstellen, warum eine Vertragspartei ihre Leistung nicht erbringen kann. Brennt beispielsweise infolge eines Blitzeinschlags die Garage des Autoverkäufers ab, in der ein bereits verkaufter Oldtimer eingestellt war, ist er gemäss den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen von seiner Leistungspflicht befreit. Dies gilt dagegen nicht, wenn eine Vertragspartei nur vorübergehend ausserstande ist, den Vertrag zu erfüllen. In diesem Fall befindet sie sich im Verzug. Ist der Schuldner – z.B. der Autoverkäufer – zudem dafür verantwortlich, dass er den Oldtimer dem Käufer nicht zum versprochenen Zeitpunkt vor dessen Einstellhalle stellte, muss er auch für Ereignisse, die – wie der Blitzeinschlag – 
höhere Gewalt darstellen, einstehen. Er schuldet nun Schadenersatz und hat allfällige verspätungsbedingte Vermögensnachteile zu ersetzen. Nur wenn der Nachweis gelingt, dass das Ereignis auch bei rechtzeitiger Lieferung beim Vertragspartner eingetreten wäre, entfällt die Ersatzpflicht. 

Der Gläubiger ist bei zweiseitigen Verträgen bei Verzug des Vertragspartners berechtigt, zu entscheiden: Er kann wählen, ob er weiterhin auf die Erfüllung des Vertrags beharrt oder auf die Gegenleistung verzichtet. Ein Beispiel: Ein Industrieunternehmen kann während einer Pandemie die seinem Vertragspartner versprochene Maschine nicht liefern, weil ihm sein Zulieferer die notwendigen Bauteile aufgrund einer behördlich angeordneten Betriebsschliessung wiederum nicht liefert. Vorliegend darf der Käufer der Maschine entscheiden, wie nun zu verfahren ist. Bevor er aber seine Wahlrechte ausüben darf, muss er dem Industrieunternehmen eine Nachfrist für die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung ansetzen und diese muss erfolglos verstreichen. Nur in bestimmten Fällen kann auf die Fristsetzung verzichtet werden. 

Bei Eintritt eines Ereignisses von höherer Gewalt ist es in jedem Fall ratsam, den Vertragspartner umgehend hierüber zu informieren. Gleichzeitig sollte ihm mitgeteilt werden, ob mit der Erbringung der geschuldeten Leistung noch zu rechnen ist. 

Es empfiehlt sich, bereits bei der Vertragsgestaltung an Ereignisse von Höherer Gewalt zu denken. In Ihren Verträgen/AGBs ist ein Regime festzulegen, wie bei Höherer Gewalt verfahren werden soll und welchen Einfluss sie auf die gegenseitigen Leistungspflichten hat. Dementsprechend bietet sich die Aufnahme einer sog. Force Majeure-Klausel in Ihre Verträge an. 

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