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Ausschnitt aus: Génot, François (2014): „Commonplace 5“, www.francoisgenot.com

Schweizer in der EU und Erbrecht – wie lösen? EU-Erbrechtsverordnung…

Ein im EU-Raum lebender Schweizerbürger mit Vermögen in verschiedenen Staaten muss für seine Erbschaftsplanung die Bestimmungen der Erbrechtsverordnung der EU (und seines Heimatrechts) berücksichtigen. Insbesondere sollte er sich u.a. der Möglichkeit einer Rechtswahl bewusst sein.

Internationale Vermögensverflechtungen machen die Erbschaftsplanung komplex. Sie wollen sicherstellen, dass der eigene Wille als zukünftige/r Erblasser/in auch tatsächlich umgesetzt werden kann.

Erblasser (Schweizerbürger) lebt in Frankreich mit Vermögen in Frankreich und Schweiz

Ist beispielsweise der zukünftige Erblasser Schweizerbürger, lebt in Frankreich und besitzt Vermögenswerte in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sowie in der Schweiz, stellen sich folgende Fragen: Die Behörden welchen Staates werden für den Erbgang zuständig sein (internationale Zuständigkeit)? Welche Rechtsordnung wird überhaupt zur Anwendung kommen (anwendbares Recht) und darf man sie möglicherweise selbst wählen (Rechtswahl)? Die Rechtswahl ist von zentraler Bedeutung, denn das anwendbare Recht bestimmt insbesondere, wer und wieviel jemand erben wird bzw. kann. Je nach nationalem materiellem Erbrecht unterscheiden sich die Gestaltungsspielräume erheblich.

Güterrecht vor Erbrecht … auch in der EU

Die Erbschaftsplanung (Nachlassplanung) wird dadurch verkompliziert, dass bei verheirateten Erblassern in einem ersten Schritt die güterrechtliche Auseinandersetzung zu erfolgen hat, d.h. die Auflösung der Vermögensverflechtung gemäss den Regeln des gewählten Güterstands. Wechselten die Ehegatten zudem während der Ehe ihren Aufenthaltsort, stellen sich ebenfalls Fragen zur internationalen Zuständigkeit und zum anwendbaren Recht. Bei einem Berührungspunkt mit der EU enthält die EU-Güterrechtsverordnung hierzu Regelungen. Bei Erblassern, die in einer eingetragenen Partnerschaft lebten, regelt ebenfalls eine entsprechende EU-Verordnung diese Fragen. Erst nach der güterrechtlichen Auseinandersetzung kann die erbrechtliche Auseinandersetzung erfolgen.

EU-Erbrechtsverordnung, Rechtswahl und Zuständigkeit

Sofern kein Staatsvertrag die Frage der Zuständigkeit und/oder des anwendbaren Rechts regelt, ist bei Berührungspunkten zur Europäischen Union die sog. EU-Erbrechtsverordnung zu beachten.

Grundsätzlich sind nach der EU-Erbrechtsverordnung die Behörden des EU-Mitgliedstaates zuständig, in der der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Behörden wenden das Recht dieses Staates an. Anknüpfungspunkt ist also der gewöhnliche Aufenthalt. Er bestimmt sich nach den gesamten Lebensumständen des Erblassers in den Jahren vor dem Tod und im Todeszeitpunkt. Dabei spielen die Dauer und die Regelmässigkeit des Aufenthalts in dem jeweiligen Staat sowie familiäre, soziale und berufliche Umstände eine Rolle. Das anwendbare Recht muss nicht das Recht eines EU-Mitgliedstaates sein. Hatte der Erblasser offensichtlich im Todeszeitpunkt eine engere Bindung zu einem Drittstaat, ist dieses Recht anwendbar. Um Unsicherheiten bei dieser Gesamtbeurteilung vorzubeugen, sollte der Erblasser dringend das auf seinen Erbgang anwendbare Recht wählen. Die EU-Erbrechtsverordnung gibt dem Erblasser die Möglichkeit, das Recht jenes Staates zu wählen, dessen Staatsangehörigkeit er im Zeitpunkt des Todes besitzt. Ein in Frankreich lebender Schweizerbürger kann also auch das schweizerische Recht wählen. Mehrfachbürger haben entsprechend mehrere Wahlmöglichkeiten. Die Rechtswahl kann nach dem Tod auch die Zuständigkeit der Behörden beeinflussen.

Befindet sich der letzte Wohnsitz des Erblassers in der Schweiz und hat er Vermögenswerte in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten, gestaltet sich die Situation wieder anders (diese Konstellation wird in einem separaten Blog vertieft). Eine umsichtige Erbschaftsplanung zieht verschiedene Szenarien in Betracht, wie sich der Wille des zukünftigen Erblassers möglichst gut und frei von Zuständigkeitskonflikten umsetzen lässt. Dabei geht es um mehr als nur um die – vermeintlich wichtigste – Frage, wer wie viel erben soll. Wenn immer möglich sollte der zukünftige Erblasser eine Rechtswahl treffen. Dabei ist das eheliche Güterrecht bzw. das Vermögensrecht bei eingetragenen Partnerschaften nicht ausser acht zu lassen.

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