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Ausschnitt aus: Génot, François (2014): „Commonplace 3“, www.francoisgenot.com

Neues Erbrecht ab 2023 – alles, was Sie wissen müssen

Das Erbrecht erweitert ab 2023 die Verfügungsmöglichkeiten. Erblasserinnen und Erblasser können über einen grösseren Anteil ihres Nachlasses frei bestimmen. Die geschützten Quoten („Pflichtteile“) wurden reduziert. Es empfiehlt sich deshalb, bestehende Testamente sowie Erbverträge (und Eheverträge) zu überprüfen.

Am 1. Januar 2023 trat das revidierte Erbrecht in Kraft. Es empfiehlt sich deshalb, zu prüfen, ob die in einem Testament (letztwillige Verfügung) oder Erbvertrag getroffenen Regelungen dem Willen der betroffenen Personen entsprechen.

Gesetzliche Erbteile

Die gesetzlichen „Erbteile“ legen fest, wer von Gesetzes wegen wie viel erbt, wenn kein Testament vorliegt. Konkretes Beispiel: Die Erbteile der überlebenden Ehefrau und der mit ihr erbenden Kinder (Nachkommen) betragen je die Hälfte. Die Erbrechtsrevision änderte an dieser gesetzlichen Bestimmung nichts.

„Pflichtteile“ – was meint dieser Juristen(futter)begriff?

Hingegen änderten sich ab 2023 die Pflichtteile (geschützte Quote der Erbteile), welche neu nur noch dem/der überlebenden Ehegatten/in inkl. eingetragene/r Partner/in und den Nachkommen zustehen. Der Gesetzgeber meint mit Pflichtteil jene Quote am Erbe, welche den „pflichtteilsgeschützten“ Erben als Minimum zustehen (also die geschützte Quote). Möchte ein Erblasser über sein Vermögen in einem Testament oder Erbvertrag verfügen, muss er stets diese Pflichtteile berücksichtigen (wenn er nicht eine Anfechtung riskieren will).

Konkretes Beispiel: Ehefrau und Kinder teilen sich die Erbschaft je hälftig (die Erbteile der überlebenden Ehefrau und der Kinder betragen also je 1/2=50%). Und wieviel von diesen beiden hälftigen Erbteilen ist nun für die Ehefrau und wieviel für die Kinder durch die „Pflichtteile“ (geschützte Quote der Erbteile) als Minimum geschützt?

Antwort für die Ehefrau: Als Pflichtteil ist die Hälfte (50%)ihres Erbteils geschützt. Die überlebende Ehefrau hat somit Anspruch auf mindestens einen Viertel der gesamten Erbschaft (1/2=50% von 1/2=50% ergibt 1/4=25% der Erbschaft), wenn sie zusammen mit den Kindern erbt. Generell gilt: Der Erbteil des überlebenden Ehegatten ist immer im Umfang der Hälfte als Pflichtteil (Mindestquote) geschützt. Daran änderte sich mit der Revision nichts.

Antwort für die Kinder: Als Pflichtteil waren vor der Revision drei Viertel (75%) ihres Erbteils geschützt. Die Kinder hatten somit Anspruch auf mindestens drei Achtel der gesamten Erbschaft (3/4=75% von 1/2=50% ergibt 3/8=37.5% der Erbschaft), wenn sie zusammen mit der Ehefrau erbten. Seit 2023 reduziert sich der Pflichtteil (geschützte Quote) der Kinder auf die Hälfte ihres Erbteils. Die Kinder haben in Konkurrenz mit der Ehefrau somit seit 2023 Anspruch auf mindestens einen Viertel der Erbschaft (1/2=50% von 1/2=50% ergibt 1/4=25%, somit gleichviel wie die Ehefrau).

Generell gilt somit seit 2023: Sowohl die Erbteile der Kinder als auch der Erbteil des überlebenden Ehegatten sind immer im Umfang der Hälfte als Pflichtteil (Mindestquote) geschützt.

Frei verfügbare Quote ab 2023

Betragen die pflichtteilsgeschützten Erbteile des überlebenden Ehegatten und dessen Kinder (Nachkommen) seit 2023 je ein Viertel und somit zusammen die Hälfte, steht demzufolge seit 2023 die andere Hälfte (50%) der Erbschaft zur freien Verfügung (sogenannter frei verfügbarer Teil oder Quote; bis Ende 2022 betrug dieser Teil nur 3/8=37.5%).

Was müssen Sie sonst noch wissen?

Das neue Erbrecht statuiert im Umfang der erbvertraglichen Verpflichtungen (und zumindest gegenüber den Parteien des Erbvertrags) ein Verfügungsverbot, das den Erben bei Schenkungen die Möglichkeit der Anfechtung einräumt.

Mit Einleitung des Scheidungsverfahrens entfällt der (virtuelle) Pflichtteilsschutz. Am Erbteil ändert sich dadurch nichts. Allerdings wird der gesamte Erbteil des/der Ehepartners/in frei verfügbar (und jede/r Ehepartner/in in Scheidung kann dank Wegfall des „Pflichtteils“ den/die andere/n vollständig enterben). Ebenso entfallen alle Ansprüche aus Testamenten (und überhaupt Verfügungen von Todes wegen) und ehevertraglichen Begünstigungen.

Und was ist nun zu tun?

Lassen Sie Ihre bestehenden Testamente (letztwillige Verfügungen) respektive Erbverträge bezüglich Pflichtteile und Schenkungsvorbehalte durch unsere spezialisierten Erbrechtsanwälte überprüfen und erklären. Es ist ohnehin eine gute Gelegenheit, vor Jahren errichtete Testamente und Erbverträge (inklusive Eheverträge) einer unabhängigen und neutralen Überprüfung zu unterziehen, um sie den aktuellen und zukünftigen Verhältnissen anpassen zu lassen.

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