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Quelle: AMATIN AG 2024

Ferien – Recht oder Pflicht?

Arbeitnehmende haben gemäss Gesetz pro Dienstjahr Anspruch auf mindestens 4 Wochen bezahlte Ferien. Arbeitnehmenden bis zum vollendeten 20. Altersjahr stehen sogar 5 Wochen bezahlte Ferien zu. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, inwiefern Arbeitgebende Einfluss auf den Zeitpunkt und die Dauer von Ferien nehmen können und welche Beschränkungen des Bestimmungsrechts des Arbeitgebenden greifen.

Die Festlegung des Ferienanspruchs von Arbeitnehmenden führen ab und an zu Unstimmigkeiten zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, da sich hier zwei unterschiedliche Interessen gegenüberstehen. Arbeitgebende haben ein Interesse daran, Mitarbeitenden Ferien möglichst flexibel und je nach anfallendem Arbeitsvolumen zu gewähren, während Mitarbeitende aus Planungssicherheit oder aufgrund von Kostenüberlegungen möglichst früh im Voraus ihre Ferien festlegen wollen (z.B. aufgrund von definierten Schulferien oder weil eine grössere Reise von mehreren Wochen geplant ist).

Das Obligationenrecht sieht vor, dass Ferien in der Regel im Verlauf des betreffenden Dienstjahres zu gewähren sind und dass mindestens 2 Ferienwochen zusammenhängen müssen. Im Weiteren hält der Gesetzgeber fest, dass Arbeitgebende den Zeitpunkt der Ferien bestimmen, wobei auf die Wünsche der Arbeitnehmenden soweit Rücksicht genommen werden muss, als dies mit den Interessen des Betriebes vereinbar ist. Das Gesetz anerkennt, dass sich hier unterschiedliche Interessen gegenüberstehen, privilegiert aber die Arbeitgebenden, wenn es um die Bestimmung von Ferien geht. Je höher die betrieblichen Interessen wiegen, desto mehr müssen die Interessen der Arbeitnehmenden in den Hintergrund rücken. Auf der anderen Seite haben Arbeitgebende beim Ferienbezug von Arbeitnehmenden Rücksicht zu nehmen, insbesondere im Fall von Mitarbeitenden mit schulpflichtigen Kindern, sofern keine höheren Interessen des Arbeitgebenden entgegenstehen.

Betriebsferien

Für einseitig festgelegte (Betriebs-)ferien durch den Arbeitgebenden hat sich eine Ankündigungsfrist seitens des Arbeitgebenden von mindestens 3 Monaten etabliert. Kürzere Fristen oder die kurzfristige Verschiebung rechtfertigen sich nur bei nachweislich höher wiegenden betrieblichen Bedürfnissen. Eine sehr kurzfristige Verschiebung von bereits eingeplanten Ferien oder gar der Rückruf aus Ferien unterstehen zudem einer sehr hohen Hürde, welche nur durch einen betrieblichen Notfall zu rechtfertigen ist. In einem solchen Fall haben Arbeitnehmende das Recht, die Ferientage nachzuholen und Arbeitgebende haben für die daraus entstandenen Kosten (z.B. frühzeitige Rückreise, etc.) aufzukommen.

Feriensperren vs. eigenmächtiger Bezug

Dasselbe Prinzip der Interessenabwägung gilt auch bei sog. Feriensperren des Arbeitgebers. Solche rechtfertigen sich, wenn die Anwesenheit von Mitarbeitenden während bekannten Spitzenzeiten erforderlich ist oder aufgrund eines ausserordentlichen Projekts die Anwesenheit von Mitarbeitenden verlangt (z.B. IT-Umstellung und Sicherstellung der Geschäftskontinuität).

Auch hier gilt es, die Dauer und den Umfang des Ferienverbots nur für so lange und nur für denjenigen Mitarbeitenden auszusprechen, die während einer gewissen Zeit dringend benötigt werden und soweit dies die betrieblichen Gründe erfordern. Ein Ferienverbot kann z.B. vor oder nach bestimmten Feiertagen als unzulässig bewertet werden, wenn das Ferienverbot schlicht auf schlechter Planung seitens des Arbeitgebenden beruht. Arbeitnehmende sollten in einem solchen Fall Widerspruch gegen nicht genehmigte Ferien erheben. Erst nach einem Widerspruch und Beharrens des Arbeitgebers kann sich ein eigenmächtiger Ferienbezug u.U. rechtfertigen. Arbeitnehmende gehen jedoch bei einem eigenmächtigen Ferienbezug bei höherstehenden Interessen des Arbeitgebers (z.B. betrieblicher Notfall / Unvorhersehbarkeit) oder fehlenden Widerspruchs ein Risiko ein. Denn ein eigenmächtiger Ferienbezug kann ein Grund für eine fristlose Entlassung darstellen.

Krankheit / Unfall während Ferien

Wird ein Arbeitnehmender während der Ferien krank, hat er dies dem Arbeitgeber grundsätzlich in derselben Mitteilungsfrist zu melden. Weiter kann eine kurzfristige Verschiebung von geplanten Ferien durch Arbeitnehmende dann gerechtfertigt sein, wenn der Erholungszweck aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht oder nicht mehr erfüllt ist. Die Beweislast für die Ferienunfähigkeit trägt jedoch der Arbeitnehmende, was durch ein entsprechendes Arztzeugnis belegt werden müsste.

Arbeit während Ferien

Ferien dienen der Erholung. Entsprechend ist gesetzlich vorgesehen, dass Ferien in natura zu beziehen sind und grundsätzlich nicht mit Geld kompensiert werden dürfen. Nur im Rahmen von unregelmässigen und kurzfristigen Einsätzen oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Ferien durch eine Ferienentschädigung abgegolten resp. ausbezahlt werden. Wer während den Ferien für einen Dritten Arbeit verrichtet, verletzt als Arbeitnehmender die gesetzliche Treuepflicht und riskiert eine arbeitsrechtliche Massnahme. Auf der anderen Seite verlangt der Erholungszweck, dass Arbeitgebende aufgrund der Fürsorgepflicht nur bei betrieblichen Notfällen Arbeitnehmende während den Ferien zum aktiv werden für den Arbeitgeber veranlassen dürfen, ansonsten der Erholungszweck vereitelt wird. Im Kontext der heutigen technischen Möglichkeiten und der dadurch gewonnenen Flexibilität ist die Abgrenzung für beide Seiten nicht immer einfach, sollte aber mit Blick auf möglichen Folgen dringend beachtet werden.

Handlungsempfehlungen

Im Rahmen der gegenseitigen Rücksichtnahme, insbesondere in Bezug auf die bessere Planbarkeit für beide Seiten empfehlen wir insbesondere bei der Festlegung von Ferien Folgendes:

  1. Schaffen Sie frühzeitig eine Übersicht zu geplanten Ferien im Betrieb und stimmen Sie Ferien möglichst frühzeitig miteinander ab.
  2. Stellen Sie Stellvertretungen sicher und kommunizieren Sie frühzeitig anstehende Abwesenheiten an Lieferanten und Kunden.
  3. Kommunizieren Sie als Arbeitgeber pro-aktiv Ihre Haltung, dass Ferien der Erholung dienen und eine Kontaktaufnahme nur in Ausnahmefällen erfolgt.
  4. Reglementieren Sie, bis wann Ferien im Laufe des Dienstjahres zu beziehen sind resp. wann offene Ferienbestände verjähren.
  5. Halten Sie im Fall von einseitig angeordneten Ferien die Vorankündigungszeit von 3 Monaten ein.

Gerne stehen wir Ihnen bei weiteren Fragen zur Verfügung.

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